
BAVARIA NIGHT OF LOGISTICS 2024 – über die Preisverleihung Logistik | ist weiblich
10. Juli 2024
Multi-Channel Vertrieb: Eine erfolgreiche E-Commerce-Strategie
5. September 2024Willkommen in der spannenden Welt des E-Commerce!
In unserer neuen Interviewreihe befragen wir Expertinnen und Experten der Branche zu verschiedenen Themen, um Ihnen exklusive Einblicke und wertvolle Tipps zu bieten. Dieses Experteninterview mit Dr. Johannes Kraus konzentriert sich auf Fakten sowie persönliche Erfahrungen zum Thema Chancengleichheit in der Logistik, die sich aber zu vielen Teilen auch auf das Arbeitsumfeld anderer Branchen übertragen lassen und somit spannende Denkanstöße bieten. Ob Sie gerade dabei sind, Ihr Online-Business aufzubauen oder Ihr bestehendes E-Commerce-Unternehmen auf das nächste Level bringen möchten – hier finden Sie bewährte Strategien, fundiertes Wissen und Ideen.
Lassen Sie sich inspirieren auf Ihrem Weg zum Erfolg!
Unser Interviewpartner: Dr. Johannes Kraus des CNA e.V.
Unser Interviewpartner Dr. Johannes Kraus hat Geschichte und Pädagogik studiert und in Frankfurt a.M. promoviert. Seit 2019 ist er beim CNA e.V. beschäftigt und ist dort von Anfang an für Logistik-Themen zuständig. Der Verein gilt als Think Tank für Mobilität, Transport & Logistik, vereint Wirtschaft mit Wissenschaft und vernetzt aktiv Unternehmen im Mobilitätssektor, um ihre Weiterentwicklung zu fördern.
Im Rahmen der Logistik Initiative Bayern organisiert Johannes Dr. Kraus Events vom alljährlichen LogistikCongress | Bayern bis zur Projektgruppe für ein spezifisches Innovationsprojekt. Er verbindet Menschen und ermöglicht den Innovations- und Branchen-Dialog auf verschiedenen Ebenen. Was ihn an der Branche fasziniere, ist, dass Logistik wirklich in jedem Produkt steckt, ohne dass die meisten Menschen sie wahrnehmen. Entsprechend sei sie vielfältig und komplex, verbinde Technologie mit anspruchsvollen Prozessen und bleibe dabei trotzdem immer bodenständig.
Herausforderung von Frauen in der Logistikbranche
Gleich zu Beginn unseres Interviews haben wir Dr. Johannes Kraus gefragt was basierend auf seinem Austausch mit vielen Branchenakteur:innen die größten Herausforderungen sind, denen Frauen in der Logistikbranche aktuell gegenüberstehen. „Das größte Problem ist sicherlich, dass die Branche vielfach als ‚typisch männlich‘ wahrgenommen wird“, erklärt Dr. Kraus. „Bei Logistik denken die meisten ‚Normalbürger‘ vor allem an Paketboten, die schwere Sendungen das Treppenhaus hinaufschleppen, oder LKW-Fahrer, die wochenlang von zu Hause weg sind.“ Diese Stereotype seien abschreckend für viele Frauen und auch Männer und würden das Arbeitsfeld nur sehr begrenzt beschreiben. Denn die Logistik umfasse viele komplexe Management-Prozesse und hochautomatisierte Tätigkeiten, die sowohl für Männer als auch Frauen interessant sind.
Herr Dr. Kraus beschreibt zudem, dass trotz eines wachsenden Anteils an Arbeitnehmerinnen sich viele Frauen in der Logistik noch immer allein fühlen. Er erklärt dies so: „Gerade im Management sind Frauen […] noch immer eher die Ausnahme als die Regel, was für Frauen, die anders netzwerken oder oft weniger dominant auftreten, eine Herausforderung für die Karriere ist. Viele Logistikerinnen haben mir bspw. bestätigt, dass man sich als Frau für die Karriere immer ein Stückchen mehr beweisen muss als die männlichen Kollegen – sei es durch Fachwissen oder durch Führungsstärke.“
Chancengleichheit und ihre Entwicklung
Auf die Frage, wie sich das Bewusstsein für Chancengleichheit in den letzten Jahren verändert hat, antwortet Dr. Kraus: „Wir nehmen wahr, dass sich auch in Transport und Logistik zunehmend ein Problembewusstsein hinsichtlich der Thematik entwickelt. Insbesondere der zunehmende Fachkräftemangel weckt bei vielen Unternehmen die Einsicht, dass man sich es nicht leisten kann, auf das Arbeitskräftepotential der einen Hälfte der Bevölkerung zu verzichten.“ Herr Dr. Kraus berichtet, dass besonders größere Unternehmen zunehmend bestrebt seien Initiativen wie Frauen-Netzwerke und gezielte Personal-Marketing-Kampagnen, die potenzielle Interessentinnen ansprechen, zu entwickeln. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) würden vermehrt versuchen, für Frauen attraktiv zu sein, indem sie z.B. familienfreundlichere Arbeitsbedingungen schaffen.
Diversität und Inklusion
Diversität und Inklusion sind entscheidend für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Branche – das ist heute den allermeisten Unternehmer:innen bewusst. Wir haben Herr Dr. Kraus gefragt, wie sich Diversität aber konkret auf die Arbeitspraxis auswirken kann. Er betont: „Innovationen entstehen in der Regel, indem man eingefahrene Prozesse hinterfragt und etwas ‚anders denkt‘. Insofern ist es immer förderlich, wenn Teams divers sind und verschiedene Perspektiven zusammenbringen.“ Durch seinen Austausch mit vielen Akteur:innen aus der Branche habe er außerdem häufig gehört, dass Frauen oft einen anderen Kommunikations- und Führungsstil haben würden, der die Mitarbeitenden mehr einbinde und die Implementierung von Innovationen erleichtere. Auch sorge dies insgesamt für eine bessere Stimmung im Team und so auch für eine bessere Performance der Belegschaft. Aufgrund unseres relativ hohen Frauenanteils können wir diesen Eindruck aus VCA-Perspektive nur bestätigen.
Doch um mehr Diversität in der Logistikbranche und auch darüber hinaus möglich zu machen, sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen unerlässlich. Gleichzeitigt bestätigt Herr Dr. Kraus, dass Angebote wie Führung in Teilzeit vermehrt von Frauen und nicht von Männern angenommen würden und dies Ungleichheiten deutlich sichtbar mache.
Netzwerke und Mentoring-Programme
Um Chancenungleichheiten entgegenzuwirken, spielen Netzwerke und Mentoring-Programme eine wichtige Rolle. „Netzwerke ermöglichen einerseits Frauen den Austausch untereinander, sei es im Kontext von Mentoring, sei es schlicht beim Erfahrungsaustausch. Das hilft gegen das Gefühl, mit den Herausforderungen, die man als Frau in der Branche erlebt, allein zu sein,“ erklärt Herr Dr. Kraus. „Andererseits können sie aber auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten bestärken, wenn man diese von einer Kollegin bestätigt bekommt.“ Der Preis „Logistik | ist weiblich“ möchte ebenfalls das Können von Frauen bekräftigen und Nachwuchs in der Logistikbranche fördern. Herr Dr. Kraus erwähnt außerdem einen weiteren bedeutsamen Punkt: „Wichtig ist aus unserer Sicht aber auch, dass das Thema Chancengleichheit kein „Frauenthema“ ist, sondern Männer genauso angeht. Und dass zum Reden auch das Tun kommen muss – Unternehmen müssen ihre Strukturen hinterfragen und konkrete Maßnahmen umsetzen, um systemische Veränderungsprozesse anzustoßen.“
Förderung von Chancengleichheit als Unternehmen
Auf die Frage, wie Unternehmen selbst aktiv zur Förderung von Chancengleichheit beitragen können, antwortet Dr. Kraus: „Der beste Weg zur Chancengleichheit ist Reflexion und ein Denken von der Zielgruppe her. Jedes Unternehmen muss sich zunächst fragen: Wo haben wir Strukturen, die für Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund oder andere Gruppen ein Hindernis sind? Dann muss ich fragen: Welche Strukturen lassen sich aufbrechen, ohne dass das Geschäft empfindlich gestört wird. Das ist beispielsweise bei der Kommunikationskultur der Fall, wo man als Unternehmensleitung klar machen muss, dass Diskriminierung oder Sexismus am Arbeitsplatz keinen Platz haben. Das kann aber auch Arbeitszeitmodelle betreffen, die sich ggf. flexibilisieren lassen.“
Auch der CNA e.V. selbst setzt auf flexibles Arbeiten. Herr Dr. Kraus berichtet aber auch, dass es dem Think Tank so wie vielen Logistikern schwer falle qualifizierte Bewerberinnen für vakante Stellen zu finden. Seiner Meinung nach könne dies u.a. daran liegen, dass Stellenprofile unbewusst eher an Männer als an Frauen gerichtet seien.
Logistik | ist weiblich
Außerdem mangele es häufig an Vorbildern, die andere Frauen inspirieren könnten sich für die Logistikbranche zu interessieren. Der CNA e.V. trägt durch die Initiative „Logistik | ist weiblich“ zur Förderung von Chancengleichheit bei. „Als Think Tank für Mobilität, Transport & Logistik koordinieren wir seit 2014 im Auftrag des Bayerischen Verkehrsministeriums die Logistik Initiative Bayern. In diesem Rahmen haben wir 2022 gemeinsam mit dem Ministerium die Initiative ‚Logistik | ist weiblich‘ gestartet,“ erläutert Dr. Kraus. „Sie zielt darauf ab, Chancengleichheit in Transport und Logistik zu fördern, indem sie einerseits Beispiele bzw. Vorbilder aufzeigt, die Frauen zum Engagement in der Branche ermutigen, andererseits Unternehmen inspiriert, sich als Arbeitgeber für alle Geschlechter attraktiv zu machen.“

Auch wir durften aufgrund unserer Unternehmensnominierung und der Nominierung von Susan Eiserloh in diesem Jahr Teil der Preisverleihung am 01.07.2024 in Nürnberg sein. Wie wir das Event erlebt haben und die Preisverleihung abgelaufen ist, lesen sie hier. So viel soll aber gesagt sein: unsere Strategie | ist weiblich.
Chancengleichheit für mehr Zufriedenheit und Bindung von Mitarbeitenden
Als wir Herrn Dr. Kraus gefragt haben wie sich Chancengleichheit auf die Zufriedenheit und Bindung von Mitarbeitenden auswirkt, antwortete er eindeutig: „Natürlich positiv!“ Er erklärt weiter: „Mitarbeiterinnen, die sich diskriminiert fühlen oder an die ‚gläserne Decke‘ stoßen, sind unzufriedener als solche, die ihre Potentiale voll zur Geltung bringen können. In vielen Gesprächen höre ich aber auch, dass sich das Betriebsklima generell bessert, wenn mehr Frauen – evtl. sogar in Führungsrollen – an Bord sind. Der Einsatz für Chancengleichheit zahlt sich im Kontext „Fachkräftegewinnung“ also gleich mehrfach aus: Es erschließen sich nicht nur neue Potentiale für die Gewinnung von Fach- und Führungskräften, sondern die Wahrscheinlichkeit steigt auch, dass die einmal gewonnenen Fachkräfte bleiben.“
Ausblick
Herr Dr. Kraus teilte uns mit, dass sich die Initiative zukünftig auch über den Preis Logistik | ist weiblich hinaus engagieren wolle. Daher arbeitet das Think Tank aktuell u.a. an konkreten Angeboten für Unternehmen, die interessiert sind, sich proaktiv für Chancengleichheit einzusetzen. Wie dies konkret aussehen soll, werden wir im Laufe dieses Jahres erfahren.
Für die Zukunft wünscht sich Dr. Kraus, dass die Logistikbranche Vorreiter in Sachen Chancengleichheit und Diversität wird. „Die Branche ist von ihrer Tätigkeit her aus Tradition international aufgestellt und bietet schon heute gerade für viele Menschen mit Migrationshintergrund gute Ein- und Aufstiegschancen. Aktuell befindet sich die Branche auch in einem Generationenwechsel und gerade bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen nehme ich wahr, dass Gleichberechtigung zunehmend als selbstverständlich gilt und Frauen im Team sehr positiv wahrgenommen werden“ Mit der Initiative „Logistik | ist weiblich“ will der CNA e.V. dazu beitragen, das Image der Branche zu verbessern und sie als innovativen und vielfältigen Sektor, indem ein unkomplizierter Umgang für und mit Frauen wie auch Männern üblich ist, zu positionieren. „Wenn das sich noch mehr herumspricht, bin ich sicher, dass auch der Frauenanteil steigen wird und die Strukturen insgesamt diverser werden,“ schließt Dr. Kraus.
Wir bedanken uns sehr bei Herrn Dr. Kraus für das Interview und sein Engagement den Wandel hin zu mehr Chancengleichheit voranzutreiben!